Da zerreißt ein knatterndes Geräusch die Stille und es fährt ein beiger, alter Lada die Straße hinunter und hält an der einzigen Sitzbank des Dorfes. Die Tür des Ladas springt nach mehreren Anläufen auf und ein junger, dynamischer Mann, ca. Anfang Dreißig, stapft schwerbepackt mit allerlei Ausrüstungsgegenständen auf den friedlichen Dorfteich zu. In der einen Hand lässig eine Zigarette, mit der anderen Hand die zentner-schwere Ausrüstung auf dem Rücken haltend:

Ein Dorfteichangler.

[Wir fotografierten den Dorfteichangler bei der Ausübung seines Sports heimlich und bitten die schlechte Qualität der Bilder zu entschuldigen.]

Nach Bungeejumping, River Rafting, Canyoning oder Kytesurfen, nun die nächste Extremsportart: Dorfteichangeln.
Da wir neugierig geworden sind, gesellen wir uns zu ihm und fangen ein unverfängliches Gespräch an. Er läßt sich auch nicht lange bitten, und gibt uns bereitwillig ein Interview.

Äppelschlot: Lars, ich darf doch Lars sagen?

Lars: Ja, Lars ist o. k.

Äppelschlot: Also Larsi, ...

Lars unterbricht rüde: Nee, nee, Lars ist o. k. aber Larsi nicht!

Äppelschlot: Gut Larsi, wie kommt ein doch relativ intelligent wirkender Mann zu so einem doch recht ausgefallen Sport?

Lars: Nachdem ich mich jahrelang als Base Jumper in der ganzen Welt herumgetrieben habe, brauchte ich einen neuen Kick. In Kanada habe ich dann einen alten Trapper kennengelernt, der mich in die Geheimnisse des Angels eingeweiht hat.

Äppelschlot: Und dann bist Du so mir nichts, dir nichts Dorfteichangler geworden?

Lars: Nein, so einfach war es natürlich nicht. Das wichtigste war natürlich erstmal, die richtige Ausrüstung zu besorgen. Angefangen mit dem richtigen Schuhwerk, über die Auswahl der Eimer und natürlich das wichtigste: Die Angelrute! [Larsilein legt eine Kunstpause ein]
Dann natürlich auch die Angelspule, ich bevorzuge als Profi eine Spule aus seewasserbeständiges Aluminium mit rostfreien Achsen aus VA-Stahl, auch die Lager sind rostfrei.

Äppelschlot: Und woher bekommst Du dein Equipment, Larsilein?

Lars: LARS! Also die Angel ist ein handverlesenes Exemplar aus Portugal, unter Profis hat die einen Wert von ca. 200 Euro. Ich habe sie in einem kleinen Fischerdorf an der Algarve gefunden. Der arme Tropf, der scharf auf dieses wunderbare Stück [streichelt dabei zärtlich über seine Angel] war, hatte nicht genug Geld um sie sich zu leisten. Aber es scherte mich nicht, daß er damit seinen Familie hätte ernähren können.

Äppelschlot: Larsibaby, findest Du es denn richtig, einen armen Fischer um seine Existenz zu bringen?

Lars: IMMER NOCH LARS! Was scheren mich denn arme Leute? Mein Bestreben ist die Suche nach dem ultimativen Kick.

Äppelschlot: Larsilein, was sagt denn deine Frau dazu? Du bist doch verheiratet, oder?

Lars: LLAAARS! Ach Frauen, die sind doch sowieso nur schmückendes Beiwerk. Außerdem ist meine Susi blond. Ich lass mir von der wohl reinreden?

Äppelschlot: Ja, ähm gut. Aber Larsischnucki, was fängt man denn so in Dorfteichen?

Lars: LARS! Also in den Dorfteichen in der näheren Umgebung findet man neben Elritze und Gründling schon den ein oder anderen neunstachligen Stichling.

Äppelschlot: Larsilein, also so ein Stichling ist ja nicht sehr groß ...

Lars: LAAAAAAARS! Also noch einmal, dann gehe ich. ... Es geht doch nicht um die Größe eines Fisches, ebenso wie es um die Größe des Autos geht. Immerhin ist mein roter Porsche auch ziemlich klein im Gegensatz zu einem Mercedes S-Klasse.

Äppelschlot: Aber du bist doch mit einem alten Lada gekommen, Larsibaby.

Lars: LAAAAAAARS! Ich hau dir gleich auf die Schnauze! Außerdem meinte ich das auch nur symbolisch.

Äppelschlot: Jetzt habe ich verstanden, Larsischnuckiputzi, weil Du Potenzprobleme hast und Susi dich deshalb verspottet und du dir keinen Porsche leisten kannst, kommst du auf so bescheuerte Ideen, wie Stichlinge in einem Dorfteich zu angeln.

[Der weitere Wortwechsel ist der Zensur zum Opfer gefallen. Mittlerweile hat sich die gesamte Bevölkerung der Hundert Seelen Gemeinde an dem Lada eingefunden. Unter lauten Gejohle ist unser Larsibaby mit Dreschflegeln vom Teich weggeprügelt worden und konnte sich noch gerade so eben in seinen Lada flüchten. Leider ist er nicht schnell genug angesprungen. Deshalb mußte Larsilein ohne Licht das Weite suchen. Dafür brauchte er keine Scheiben runterkurbeln, da diese unter den wuchtigen Schlägen eines mittelgroßen Vorschlaghammer geborsten sind.
Larsis zerbeulter Lada wurde seither nicht mehr in der Nähe eines Dorfteiches gesehen, ob er jemals wieder seiner Extremsportart nachgegangen ist, wurde nicht überliefert.]

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